#communityprojekt100 - 100 ikonische Streetfotos #42

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HARRY TODD: Sunlight & Shadows, Liverpool Street Station, London, UK, 1952

Ich möchte es aber “das eine Bild!“ nennen.

Als ich das Buch aufschlage, bin ich wie der Titel schon sagt, von dem Kontrast zwischen Licht und Schatten gebannt. Ich bin schon gespannt, welcher berühmte Fotograf dahintersteckt und was seine Idee zu diesem Bild war und beginne zu lesen.

Harry Todd war angestellter Fotograf in der „Fox Photo Agentur“ in London, die von 1926 bis 1986 existierte. Harry war der Dienstälteste Fotograf und arbeitete von 1933 bis nahezu 1970 für die Agentur. Die Stärke der Agentur war, „normale Menschen dabei zu zeigen, wie sie normale Dinge tun“ und so war es auch Harrys Aufgabe, egal ob gezielt oder allgemein Fotos des täglichen Lebens zu machen, die für die Nachrichten, den Sport und die Unterhaltungsspalte genutzt werden konnten.  – Ich fand bei weiteren Recherchen leider nicht viel mehr über Harry Todd, der nie durch sein Gesamtwerk oder ein spezielles Genre bekannt wurde und als Fotograf somit unbeachtet blieb, aber dennoch mit diesem einen Bild ein Meisterwerk zurückließ, das den Vergleich mit den „ganz Großen“ des fotografischen Faches nicht meiden muss.

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Ein zweiter Aspekt faszinierte mich ebenfalls und das war die Wahl der Kamera, mit der das Foto gemacht wurde. Harry Todd fotografierte bis in die späten 50-er Jahre mit einer Plattenkamera, obwohl der analoge Film und die entsprechenden Kameras in seinem Metier längst Einzug gehalten hatten. Genauso sehr in Mode kam langsam die farbige Fotografie, aber auch hier verweigerte sich Harry Todd dem Mainstream und folgte, warum auch immer dem klassischen Weg in Bezug auf Farbe und Bildaufbau.

Nun aber zum Bild selbst, das mehr Fragen aufwirft, als es Antworten gibt. Es wird zum Glück schnell geklärt, dass Harry Todd nicht einfach nur Bahnhöfe und Eisenbahnen liebte, sondern nur den „perfekten Moment“ oder die „perfekte Komposition“ für ein Bild suchte und schließlich fand, für ein Motiv, das er 1942 ziemlich ähnlich fotografiert hatte. Nebenbei bemerkt und das ist sicher Harry Todds Wissen geschuldet, an einem bekannten fast historischen Ort in der Nähe des Hydeparks in London. Die letzte Frage, die letztlich unbeantwortet bleibt, ist die nach der Person im Bild. Es brauchte einen Mittelpunkt, so viel ist klar, aber wie wahrscheinlich ist die Zufälligkeit der Polizistin an dieser Stelle oder die Möglichkeit einer Inszenierung für die gewollte Wirkung. Das wird man wohl nie erfahren…

Für meine Umsetzung war klar, dass ich keine spezielle Kamera verwenden wollen würde, aber dafür auch den Versuch eines klassischen Bildaufbaus in hochkant und schwarzweiß anpeilte. Genauso wie Harry Todd, hatte ich den „Vorteil“ dass ich an einen historischen Ort, den Bahnhof der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn gehen konnte und auch schon ein Bild einer Schaffnerin vor ein paar Jahren gemacht hatte, welches perfekt zum Thema gepasst hätte.

Der Bahnhof in Bonn ist klein. Die Plätze zu finden, die einen Lichtschein oder Schattenwurf im Frühjahr zuließen, waren rar und zu allem Überfluss waren nicht sehr viele Menschen an den Tagen vor Ort an denen das Wetter zuließ, entsprechende Szenen zu finden.

„Licht und Schatten“ - „Das Besondere im normalen“ – Ich wollte schon aufgeben, doch dann sah ich diese Szene und wusste, dass daraus das EINE Bild, mein Bild entstehen würde.

Am Anfang habe ich mich gefragt, wie aus einem Agenturfotografen eine Ikone der Streetfotografie werden kann. Es ist nicht Glück oder Zufall. Es ist das Privileg eines Fotografen dank der Kamera sehen zu lernen und zu können und das Resultat von der Liebe zur Fotografie, dem Fleiß und langer Arbeit…

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