#communityprojekt100 - 100 ikonische Streetfotos #63
Der Fotograf
Robert Frank war ein Schweiz/Amerikanischer Fotograf (*1924 +2019), der sich der Fotografie und des Filmens widmete. Eines seiner bekanntesten Werke ist das Fotobuch „The Americans“, welches als Meilenstein der Reportagefotografie galt. (Quelle Wikipedia)
Das Bild – Ästhetische Erscheinung
Das Bild wirkt sehr aufgeräumt, klare Aufteilung. Der Vordergrund ist gut kontrastiert, der Hintergrund wirkt leicht blass und nebelig, fast schon nebensächlich. Das Auge ruht beim ersten Hinsehen auf die Figur im Vordergrund. Erst beim 2. Hinsehen erkennt man im Hintergrund Menschen, die Bushaltestelle und den Bus, sowie die Straße, die Häuser und den Bürgersteig. Das Bild hat eine ästhetische Erscheinung, lässt sich angenehm betrachten.
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Bildgestaltung
Durch die mittige Anordnung des Hauptmotivs fällt der Blick zunächst darauf. Der Bus ist meines Erachtens das 2. wichtigste Motiv. Er erklärt den Ort des Geschehens. Der Kopf des Mannes, mit der für diese Szenerie typischen Melone liegt mittig, im oberen Drittel des Bildes. Der Kopf, bzw. der Hut setzt sich am besten von dem sehr hellen Hintergrund ab und ist damit ein zentraler Teil des Bildes. Von der Mitte zum unteren Teil zeigt der Stock auf den Schuh mit den weißen Socken. Fast genau in der Mitte sind die ruhenden Hände mit der Zeitung zu sehen.
Inhalt
Ganz offensichtlich handelt es sich bei dem Ort des Geschehens um London. Vielleicht in den 50iger Jahren. Die Kamera zeigt von hinten einen elegant gekleideten Mann.Er geht zügig aber gelassen einen Bürgersteig entlang. Das Outfit des Mannes würde ich als typisches englisches Establishment bezeichnen. Er ist schwarz gekleidet, hat eine Melone auf dem Kopf und trägt eine Zeitung und einen Gehstock. Beides in entspannter Haltung auf dem Rücken. Im Hintergrund ist ein Londoner Doppeldeckerbus zu sehen und die Stadtszenerie, also Menschen, Bürgersteig, Hausfassaden. Der Hintergrund wirkt leicht im Nebel.
Geschichte
Eine Geschichte ist nur schwer zu erkennen. Ich würde sagen der Mann ist Geschäftsmann oder Banker und geht zur Arbeit. Er geht zügig und sehr zielgerichtet. Eventuell will er den Bus erreichen. Das glaube ich aber nicht. Er wird vermutlich nur zufällig an der Bushaltestelle vorbeigehen. Die Rolle des Mannes wirkt auf mich etwas unwirklich, abgehoben, fast schon arrogant. Als wenn er mit dem Rest der Welt nichts zu tun haben möchte. Eine Zeitung scheint etwas wichtiges für ihn zu sein. Er kennt die Welt nur in Form von Börsennachrichten, könnte man meinen. Dieser Eindruck wäre für mich auch ein zentraler Ausdruck des Bildes. Die Abgehobenheit der Finanzwelt, des Kapitalismus. In der Szenerie scheint Menschlichkeit fern zu sein. Es zählt nur Ordnung, Struktur und Sachlichkeit.
Erste Umsetzungsideen
Und da wäre jetzt auch mein persönlicher Ansatz einer Umsetzung. Ich könnte eine ähnliche Szenerie in meiner Umgebung suchen, in die nächste Kleinstadt fahren und an einer Haltestelle ein passendes Motiv suchen, bzw. darauf zu warten. Aber das erscheint mir zu vage. Eine andere Möglichkeit ist eine gestellte Szene zu konstruieren und zu versuchen in die jetzige Zeit umzusetzen. Dabei wäre mir wichtig das zu zeigen, was augenblicklich in unserem Leben präsent ist. Corona vielleicht oder was anderes. Vielleicht geht auch ein Selfie in Form einer Selbstdarstellung. S/W wird es sein und im Format 3:2. Mal sehen ...
Umsetzung
So, jetzt ist mein Ergebnis da. Doch ganz anders als ich es erwartet habe. Ich wollte doch kein konstruiertes Bild sondern ein „richtiges“ Streetbild machen. Dazu habe ich mich einen Vormittag in Hamburg aufgehalten und bin dort durch die Stadt gezogen, in der Hoffnung ein passendes Motiv zu finden. Meistens ergibt sich etwas. Die Erfahrung hatte ich schon oft gemacht. Man muss nur die Augen offen halten und etwas mutig sein.
Der Mann auf meinem Bild saß zufällig in der U-Bahn Station Hafencity Universität. Ist übrigens ein schöner Fotohotspot für Street und Architekturfotografie. Ich habe ihn heimlich fotografiert. Er hat es nicht bemerkt. So ist es ungestellt und so, wie man sich eine Streetfotografie vorstellt.
Die Vorlage ist zwar etwas anders, aber vom Stil her doch sehr ähnlich. Das Bild sollte für mich typische Merkmale der heutigen Zeit enthalten und an einem bekannten Ort einer großen Stadt sein. Ich denke das ist gelungen. Stock und Zeitung werden hier durch die Maske und den Ohrstöpsel ersetzt. Der Mann sieht stylisch aus, mit der schwarzen Jacke und der Mütze. Eben nur aus heutiger Sicht. Ich habe lange überlegt, ob ich das Bild in Farbe oder in S/W mache. Ich habe mich für Farbe entschieden, weil es keine Kopie der Vorlage sein soll, sondern für sich allein steht.
Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis.