#communityprojekt100 - 100 ikonische Streetfotos #69
Der Ende letzten Jahres verstorbene Fotograf, Ikko Narahara plante zunächst eine juristische Laufbahn, entschied sich aber nach seinem Abschluss für ein weiteres Studium und schrieb sich in der Masterclass für Kunst an der Waseda-Universität ein. Hier beteiligte er sich an der Gründung der Gruppe "die Realisten". Es folgten mehrere Einzelausstellungen in Japan, bevor er Anfang der 60er Jahre für 4 Jahre nach Paris zog und über diese Zeit mehrere erfolgreiche, teilweise preisgekrönte Serien produzierte.
Im Anschluss an diese europäische Phase, wechselte er 1970 nach New York um Material über viele Teile Amerikas zu sammeln und dieses ebenfalls und verschiedenen Serien zu veröffentlichen. Er nutzte diese Arbeit aber auch, um über die räumliche Distanz seine Heimat besser zu verstehen. Unterstütz hat ihn dabei die Zusammenarbeit mit Diane Arbus kurz vor ihrem Tod. Bemerkenswert ist, dass Narahara kein Englisch sprach und sich mit Tonbandaufnahmen ihrer Gespräche beholfen hat, um es später in seinem eigenen Tempo zu lernen.
Auch wenn durch diese Auslandsaufenthalte sich seine Fotografie verbesserte und er von der direkteren Art von Diane Arbus profitierte, waren es eher die Bilder, die eine gewisse Naivität und stille Betrachtung und Ästhetik zum Thema haben, die bekannt wurden. Das hier gezeigte Bild ist ein gutes Bespiel dafür. Man sieht eine Mutter mit ihrem Kind in einer Telefonzelle.
Der Junge blickt unten durch eine Art Guckloch dem Fotografen interessiert entgegen und steht im Kontrast zu seiner Mutter, die mit dem Rücken zum Betrachter gewandt telefoniert. Sie zeigt dadurch Desinteresse an ihrer Umwelt und symbolisiert so eher den Blick in die Vergangenheit und eine introvertierte Haltung. Für Narahara verkörpert der Junge die Zukunft mit seinem Blick durch eine Art Schlüsselloch. In seiner Phantasie ist der runde Rahmen der Helm eines Tiefseetauchers.
Die Fotografie nutzt er als Medium zur Veranschaulichung der Zeit und er sieht sich selbst in der Rolle des kleinen Jungen, der neugierig in die Welt schaut. Mich hat das Bild vom ersten Moment an, sehr angesprochen. Es hat sehr viel Tiefe im Inhalt und bietet Raum für Interpretationen, umso mehr fragte ich mich, wie ich diesem Foto mit einem eigenen Bild gerecht werden kann. Einfach gesagt – gar nicht, da ich mich nicht mit den Leistungen eines Künstlers messen, für mich aber das Beste draus machen kann und möglichst viel zu lernen.
Es ging zunächst um die eigene Interpretation.
Das Thema habe ich für mich, als zwei Personen, die in einer Beziehung miteinander, aber doch voneinander getrennt sind, festgelegt. Dabei muss nicht zwingend ein Kind dabei sein. Beide Personen sollten sich auch konträr verhalten und eine sollte mindestens irgendwie eingerahmt sein. So weit so gut. Als mögliche Rahmen fielen mir Türen, Fenster, größere Eingänge oder Tore, Geländer aber auch Speigelungen ein. Jetzt galt es die entsprechenden Locations mit den passen Protagonisten zu finden, also auf in die Kölner Innenstadt. Gelegenheiten gab es einige, allerdings waren die Situationen meist so, dass weitere Personen ins Bild liefen, die Fensterscheiben ungünstig spiegelten oder man mindestens eine Person erkennen konnte, was mit dem Thema Persönlichkeitsrechte kollidierte. Es sollte irgendwie nicht sein und ich wurde schon etwas mutlos. Am dritten Tag traf ich dann endlich auf mein Vater/Sohn-Gespann am Rheinufer. Der Vater telefonierte, während sein Sohn zwischen ein paar Steinblöcken an einem Wasserspiel rumhüpfte. Ich wechselte mehrmals meinen Standpunkt und wurde auch zwischendurch sowohl von anderen Passanten als auch dem Vater etwas misstrauisch beäugt, worauf ich dann ein paar Tauben und die Altstadt fotografiert habe. Zur Ehrenrettung des Vaters muss ich auch sagen, dass er sich zwischendurch durchaus seinem Sohn gewidmet hat, was so nicht ins Drehbuch passte
Es brauchte einige Zeit bis ich das geeignete Foto im Kasten hatte, bei dem der Vater mit dem Rücken zu mir stand und der Junge sichtbar zwischen den Felsen positioniert war, die als Rahmen fungierten. Es war auch die letzte Möglichkeit, weil kurz darauf beide Richtung Altstadt weiterzogen.
Zuhause habe ich das Bild dann noch ein wenig beschnitten und mich entgegen der ersten Idee für Farbe entscheiden, da die beiden Jacken sehr gut als Komplementärfarben funktionieren und so zusätzlich als optische Einheit wirken. Der gelbe Rucksack des Vaters bildet mit der ebenfalls gelben Jacke des jungen zusätzlich eine Diagonale und rahmen den Vater ein.
Mein Fazit: es hat mir mehr Spaß gemacht, als ich zuvor dachte, da auch ich bisher sehr wenig Erfahrung in der Stereofotografie hatte. Vor 3 Jahren habe ich an einem Fotoworkshop zur Street Fotografie der FF-Fotoschule in Köln teilgenommen, den ich sehr empfehlen kann. Der Dozent Peter Strobel hat uns sehr viele Tipps gegeben und im Anschluss haben wir bei ihm zuhause die Bilder besprochen. War wirklich Klasse.
Aber das Genre ist dann zugunsten der Tier- und Landschaftsfotografie wieder etwas in Vergessenheit geraten und es fehlte die weitere Übung. Daher fand ich das Projekt jetzt als willkommenen wake up call, um mich mal wieder damit zu beschäftigen.
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Die Überlegungen zuvor, wie das Foto aussehen könnte, waren auf jeden Fall hilfreich, aber letztendlich entscheidet die passende Situation. Sich dann darauf einzulassen und abzuwarten, was sich entwickelt, fand ich spannend. Aber allein die Leute zu beobachten und die Umgebung mehr wahrzunehmen, gab zusätzlich viel Inspiration. Auf jeden Fall werde ich es jetzt öfter mit der Kamera um die Häuser ziehen.
Da ich für dieses Jahr, so wie ich Frank verstanden habe, den Abschluss bilde, möchte ich Frank in unser aller Namen für die Idee und die Umsetzung dieses einzigartigen Projekts danken. Es hat mega viel Spaß gemacht und es wurden tolle Fotos angefertigt. Ich denke, wir können alle ein bisschen stolz auf uns sein und ich bin gespannt auf die kommenden Bilder.
Ich wünsche euch alles Gute, bleibt gesund und immer mit der Kamera auf Achse