#communityprojekt100 - 100 ikonische Streetfotos #73

Mein Foto ist von Han Youngsoo, 1956 in Seoul aufgenommen. Youngsoo war als junger Mann Soldat im Korea-Krieg und beschloß, nach Ende des Krieges Berufsfotograf zu werden. Er verarbeitete seine Erlebnisse unter Anderem durch das Durchstreifen und Beobachten des täglichen Lebens in Seoul, ihn interessierte der Wandel der zerstörten Stadt hin zu einer moderne weltoffene Metropole.

Das Foto zeigt im Großteil der Fläche eine dunkle, eher schäbigen Mauer aus einer hohen Perspektive. Im unteren Teil des Fotos ist durch ein Loch in der Mauer die Strasse sichtbar, durch die ein Paar in dunkler Kleidung zu sehen ist. Aufgenommen wurde dieses Foto in der Ruinen eines Hotels in Seoul, die Mauern zeigen den Zerfall und die Überreste des Krieges. Durch das sehr starke Framing wird aber deutlich der Fokus auf das gutgekleidete Paar gelegt, welches gemeinsam in eine bessere Zukunft zu gehen scheint.

yes Unseren Newsletter bekommst Du hier: yes

Mein erster Eindruck war „Ist doch gar nicht so schlimm“. Das Foto ist stärker formal als emotional aufgebaut, die Menschen sind eher symbolisch eingefügt, als dass durch Gesichtsausdrücke die Botschaft des Bildes übermittelt wird.

Da der Großteil des Fotos aus einer alten, historischen Mauer besteht, war für mich der wichtigste Punkt, den richtigen Ort zu finden. Der Landschaftspark Duisburg zeigt die Wurzeln meiner Heimat, das Gelände eines ehemaligen Hochofen ist 60 Jahre nach Stilllegung als Industriekultur erhalten geblieben und kann durchstreift und erklettert werden. Der Park wird viel und gerne als Freizeitziel genutzt und steht für mich für den Strukturwandel des Ruhrgebiets zu einer modernen Region.

Nach einigem Suchen fand ich den Ausschnitt, der mit gut gefällt. Die Perspektive und die Aussage passen für mich. Jetzt fehlte dann noch das Paar, welches modern in die Zukunft geht und das dann genau in diesem Ausschnitt....

Nach einen Standortwechsel und einem Sprint die Treppe hinauf fand ich es, ein Paar, mit dem Handy als modernem Attribut, vom Gesicht her nicht zu erkennen. Sie hätten lediglich ein paar Meter weiter weg stehen sollen wegen der Perspektive, aber naja.

100ikonische_streetfotos_-_han_youngsoo.png

Am Anfang des Projektes habe ich viel über die Umsetzung der Fotos im Buch nachgedacht. Mein Wunsch war es auch eigentlich, mein Foto analog aufzunehmen, dafür war mir letztendlich der Zeitaufwand zu hoch. Ich finde es klasse, wie bisher über die „Essenz“ eines Fotos nachgedacht wurde, sich hinein versetzt wurde, um dann sein Wesen nachzuspüren und es nicht zu kopieren. Dies ist bei allen bisherigen Beiträgen so wunderbar und meisterlich gelungen!

Andrea Esser, 20.02.202