So wird der Hintergrund beim fotografieren schön unscharf - 7 Tipps!

Vielen Fotografen verfolgen in der Fotografie ein Ziel und das ist das Spiel mit der s.g. Schärfentiefe. Eine geringe Schärfentiefe erzeugt einen schön unscharfen Hintergrund. Dies ist einfach zu erreichen, indem man an seiner Kamera die Blende öffnet, also eine möglichst kleine Blendenzahl wählt, also z.B. eine 1,8 oder 2,8 anstatt einer Blende von 16 oder 22. Doch HALT, so einfach ist das nicht und ein unscharfer Hintergrund auf Fotos braucht noch ein wenig mehr als DAS!  Die einen bezeichnen diesen einfach technisch zu erreichenden Effekt (unscharfen Hintergrund im Foto) als Stilmittel, andere sprechen von Bildlook. Beides irgendwie richtig und doch auch irgendwie falsch, denn es handelt sich um einfache Physik. Was alles nötig ist, um den Hintergrund auf einem Foto unscharf erscheinen zu lassen erklären wir Dir in diesem 7 Tipps!

1. Tipp: Arbeit mit der Blende

Ganz Grundsätzlich gilt Blende öffnen und der Hintergrund wird unschärfer. Das ist zumindest dann der Fall, wenn alle anderen Parameter, welche Einfluss auf die Wirkung der Unschärfe im Hintergrund haben, unverändert bleiben:

  • Abstände
  • Brennweite / Bildwinkel
  • Licht
  • selbe Kamera
  • selbes Objektiv

Bei der Blende handelt es sich um die mit Lamellen gestaltete Öffnung im Objektiv. Diese kannst Du entweder direkt mit einem Blendenring am Objektiv verstellen und größer bzw. kleiner machen (gilt insbesondere für manuelle Objektive und Objektive aus dem Hause Fuji) oder aber, Du nimmst die Verstellung der Blendenöffnung über eines der Wahlräder an Deiner Kamera vor.

Auf dem Kameradisplay oder auf dem Blendenring kannst Du die Blendenreihe ablesen:

1,4 - 2,0 - 2,8 - 4 - 5,6 - 8 - 11 - 16 - 22

Die Kamera zeigt zudem Zwischenwerte an und 

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Es gibt ein etwas älteres Video, in dem ich erkläre, warum die Offenblende zu verwenden ist, und warum man sich kein Blende 1,2'er Objektiv kaufen sollte, wenn man gern immer 2 Blenden abblendet und lieber mit Blende 2,5 fotografiert:

2. Tipp: das bestgeeignete Objektiv

Wenn Du Dich in Foren, bei Fotostammtischen, in Facebook-Gruppen oder sonstwo bei engagierten (Hobby) Fotografen umhörst, dann werden Dir immer wieder Objektive, s.g. Bokehmonster über den Weg laufen. Es handelt sich hierbei um Objektive mit einer gewaltigen Offenblende. Gemeint sind Objektive, fast immer Festbrennweiten, mit einer Offenblende von f1,4, f1,2 oder sogar noch offenblendiger! Diese liefern je nach Abständen im Bild, Motivdimensionen und Licht ein cremig weiches Bokeh

Machen wir hier einmal einen kleinen Zwischenstop und beschäftigen und mit dem Begriff Bokeh. Fälschlicherweise wird oft einfach der unscharfe Hintergrund in einem Foto als Bokeh bezeichnet. Dies ist jedoch falsch! Der Begriff Bokeh beschriebt die Qualität und das Aussehen der Unschärfe im Hintergrund. Diese Unschärfe ist eine "Erfindung" des Objektives, denn ganz offensichtlich sehen unsere Augen diese Unschärfe auf eine ganz andere Art und Weise. Somit ist des den Objektivherstellern mit einer Menge Maßnahmen möglich, Einfluss auf die Art der Unschärfe zu nehmen! Wahrscheinlich kennt ihr die Unschärfekreise des sogenannten Bubble- oder Seifenblasen-Bokehs von Meyer Görlitz Objektiven. Manche Objektive neigen dazu ein eher kriseliges, digital anmutendes Bokeh zu zeichnen, andere malen den Hintergrund butterweich, wieder andere Objektive machen schöne Kreisrunde Bokehflecken im Hintergrund, während sie bei anderen Objektiven eher linsenförmig sind.

Zurück zum bestmöglichen Objektiv für einen unscharf aussehenden Hintergrund:

  • möglichst große Offenblende
  • möglichst auf ein weiches Bokeh optimiert
  • größere Brennweite hilft!
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3. Tipp: Bildwinkel und Brennweite

Grundsätzlich kann man sagen, dass mit mehr Brennweite und damit kleinerem Bildwinkel die Unschärfe im Hintergrund zunimmt. Das bedeutet, dass mit mehr Tele der Hintergrund unschärfer dargestellt wird, wenn das Motiv gleich groß im Bild ist, und der Abstand zum Hintergrund unverändert bleibt. Natürlich ist bei dieser Betrachtung auch die selbe Blende vorausgesetzt, wie beim entsprechend weitwinkligerem Bild. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Hintergrund lediglich unschärfer wirkt, denn Bei ein engeren Bildausschnitt aufgrund eines Teleobjektives teilen sich viel kleinere Bereiche im Hintergrund die Pixel des Sensors, dies läßt den Hintergrund unschärfer erscheinen!

In der Praxis spielt diese eher theoretische Betrachtung keine Rolle, denn der Hintergrund wird im Bild unschärfer und darum geht es ja in diesem Artikel!

Ich habe Dir hier ein Beispiel einer Kamera mit APS-C - Sensor mitgebracht:

bildschirmfoto_2022-08-09_um_22.46.54.png

Du siehst in der Tabelle sehr gut, dass im Weitwinkelbereich unabhängig von der Blende der Schärfebereich vom Nahbereich bis unendlich reicht. Im Telebereich ist hingegen die Schärfentiefe unabhängig von der Blende immer gering ist.

Was heisst da jetzt für Deine Fotografie!? Wenn Du:

  • mehr Brennweite / einen geringeren Bildwinkel nutzt, bei:
    • gleicher Blende
    • identisch großem Motiv im Bild (dazu musst du zurück gehen mit der Kamera)
    • gleichem Abstand vom Motiv zum Hintergrund

dann wird in Deinem Foto der Hintergrund unschärfer!

4. Tipp: Kameramodell und Sensorgröße

Grundsätzlich läßt sich sagen, je größer der Sensor desto mehr Unschärfe im Hintergrund eines Fotos ist möglich. Bei identischem Bildwinkel und identischer Blendenöffnung gilt folgende Reihenfolge bei der Zunahme der Schärfentiefe und damit Abnahme der Unschärfe im Hintergrund:

  • Großformat 
  • Mittelformat
  • Kleinbild
  • APS-C
  • mft
  • 1 Zoll Sensoren
  • Handysensoren

5. Tipp: Arbeit mit Abständen

Wenn Du den Hintergrund in Deinem Foto so richtig schön unscharf haben möchtest, dann hast Du mehr Möglichkeiten als lediglich die Blende zu öffnen! Einen großen Einfluss auf die Unschärfe des Hintergrundes haben die Abstände im Foto! Dabei gilt:

  • je größer der Abstand zwischen Motiv und Hintergrund, desto unschärfer der Hintergrund
  • je dichter das Motiv an der Kamera ist, desto  unschärfer der Hintergrund

Mit diesen einfachen Möglichkeiten kannst Du auch ohne das beste und offenblendigste Objektiv schöne Fotos mit unscharfem Hintergrund erzeugen!

 

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6. Arbeiten mit Vordergrund

Der eigentliche Grund, warum man einen unscharfen Hintergrund in seinen Fotos haben möchte ist ja die Freistellung des Motives. Diese erzeugt zudem eine sehr schöne Plastizität und Dreidimensionalität im Bild. Fotos sind zweidimensionale Abbilder der Wirklichkeit und benötigen unterschiedliche Ebene im Bild, um plastisch zu wirken! Hierzu kann ein unscharfer Hintergrund hilfreich sein. Einen mindestens genauso guten Effekt erzielt man allerdings mit einem unscharfen Vordergrund! Das tolle am unscharfen Vordergrund ist, jeder kann ihn erzeugen, egal welche Sensorgröße, welches Lichtstärke das Objektiv hat und egal wie das fotografische Wissen ist. Es gibt genau einen einfachen Trick!

Platziere den Vordergrund (wir nennen ihn "Störer") direkt vor Deiner Fronlinse!

Verschiebe den Balken in der Mitte, um die beiden Bilder zu vergleichen.

Direkt vor der Frontlinse kann die Kamera kein Objekt scharf darstellen! Schauen wir noch einmal in diese Tabelle:

bildschirmfoto_2022-08-09_um_22.46.54.png

Jedes Objektiv hat eine s.g. Naheinstellgrenze. Diese gibt an, welches der kürzeste Abstand zur Sensorebene ist, bei dem das Objektiv noch fokussieren (scharfstellen) kann. Dichter am Sensor kann kein Objekt scharf abgebildet werden! Du kannst also IMMER Unschärfe ins Bild bringen, indem Du etwas direkt vor der Frontlinse platzierst. Eine offene Blende und eine Telebrennweite verstärken den Effekt!

7. Tipp: Licht und Bokeh

Neben dem Thema Licht möchte ich auch noch einmal das Thema Bokeh, welches ich bereits in Tipp 2 angerissen habe, vertiefen! 

Nehmen wir uns erst einmal das Thema Licht vor. Du kannst die Unschärfe im Bildhintergrund noch unschärfer aussehen lassen als sie ist, durch unterschiedliche Maßnahmen. Beispiele sind:

  • Das Motiv ist hell und der Hintergrund ist dunkel
  • Das Motiv ist dunkel und der Hintergrund ist hell
  • Du platzierst im Hintergrund z.B. Sträucher, durch die das Licht als Gegenlicht fällt und die daraus resultierenden Lichtpunkte sind im Bokeh sichtbar

Apropos Bokeh! Es gibt je nach Lichtrichtung, Helligkeit im Hintergrund und der Struktur im Hintergrund einige Dinge, die das Bild ruhiger und damit stimmiger, oder eben unruhiger machen!

Ruhiger wird das Bokeh durch:

  • hochwertige, offenblendige Objektive
  • Verwendung der Offenblende
  • großer Abstand Motiv-> Hintergrund
  • flaches Licht auf dem Hintergrund
  • homogenen Hintergrund